
Gelenk- und Knöchelknacken
Üblicherweise versuchen Betroffene durch das Knacken der Gelenke nervöse Anspannung abzubauen. Wird das Knacken unterdrückt, entsteht ein starker Drang, das Verhalten auszuüben.
Krankheitshäufigkeit
Das Knacken der Gelenke, vor allem der Knöchel, ist eine verbreitete Angewohnheit. Knöchelknacken ist bei etwa 25 (Castellanos & Axelrod, 1990) bis 45 Prozent (Swezey & Swezey, 1975) der Bevölkerung zu beobachten (Boutin et al., 2017). Bei 2,8 Prozent führt das Verhalten im Lauf des Lebens wenigstens einmal zu starken Beeinträchtigungen (Moritz et al., 2023a).
Folgen
Das Überdehnen der Knöchel bis zum knackenden Geräusch kann Schwellungen und Gelenkschwäche verursachen. Insbesondere das gewohnheitsmäßige Knacken der Fingerknöchel kann zu einer geringeren Griffstärke und sogar in manchen Fällen zu einer funktionellen Beeinträchtigung der Hand führen. Für das Knacken der Halsgelenke wurden dagegen in einzelnen Fällen schwere Schäden beschrieben (z.B. Deǧtrmenci et al., 2011; Fujii et al., 2018).
Trichophagie
Trichophagie, das Essen ausgerissener Haare (manchmal auch nur das Lecken), beinhaltet das wiederholte Verschlucken von Haaren und wird als zusätzliches Symptom der Trichotillomanie eingeordnet. Der Begriff „Trichophagie“ setzt sich aus den griechischen Wörtern „thrix“ für Haar und „phagein“ für essen/kauen zusammen.
Krankheitshäufigkeit bei Personen mit Trichotillomanie
Etwa 5 bis 20 Prozent der Personen mit Trichotillomanie leiden zusätzlich an Trichophagie. Dieses Verhalten scheint häufiger bei Personen unter 30 Jahren aufzutreten (Christenson, 1991; Grant & Odlaug, 2008).
Folgen
Die verschluckten Haare können im Magen oder Darm verklumpen — auch als Haar-Bezoar bezeichnet — und ernste medizinische Komplikationen verursachen.
Dermatophagie
Menschen, die an der Dermatophagie leiden, beißen sich wiederholt in die eigene Haut, sodass sie blutig und beschädigt ist. Der Begriff „Dermatophagie“ setzt sich aus den griechischen Wörtern „derma“ für Haut und „phagein“ für essen/kauen zusammen.
Betroffene beißen üblicherweise in die Haut, die ihre Fingernägel und Knöchel umgibt. In vielen Fällen können Hornhäute oder Blasen den Drang hervorrufen, die betroffenen Stellen abzubeißen. Wenn das Verhalten über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt, können sich an den jeweiligen Stellen Schwielen bilden.
Wach-Bruxismus
Mit Wach-Bruxismus wird das Knirschen, Mahlen und Zusammenpressen der Zähne im Wachzustand ohne funktionellen Zweck bezeichnet (Shetty et al., 2010). Mindestens leichter Wach-Bruxismus kommt bei etwa 37,7 Prozent der Bevölkerung im Lauf ihres Lebens vor; bei 3,7 Prozent wurden schwere Formen berichtet (Moritz et al., 2023a). Im Vergleich zum Knirschen der Zähne im Schlaf wird Wach-Bruxismus als körperbezogene Impulskontrollstörung gesehen. In schweren Fällen kann es unter anderem zu Schäden an den Zähnen, wie z. B. Abnutzungen, sowie Kopfschmerzen und Kiefergelenkbeschwerden kommen.
Daumenlutschen bei Erwachsenen
Das Lutschen an den eigenen Fingern, v.a. den Daumen, kommt bei Erwachsenen eher selten vor. Etwa 6,33 Prozent der 18 bis 25-Jährigen weisen dieses Verhalten auf (Ganapathi et al., 2021). In der allgemeinen Bevölkerung sind ca. 7,3 Prozent betroffen (Moritz et al., 2023a).Wenn das Daumenlutschen über die Kindheit (das 5. Lebensjahr) hinaus besteht, kann es zu Zahnfehlstellungen kommen.
Zwanghaftes Nasebohren
Obwohl das Verhalten sich in der Nase zu bohren, gesellschaftlich als unangebracht gilt, ist es eine regelmäßig auftretende Angewohnheit bei erwachsenen Personen. Über 90 Prozent der Erwachsenen bohren sich im Durchschnitt vier Mal am Tag in der Nase (Jefferson & Thompson, 1995; Sah, 2020). Schwere Fälle von zwanghaftem Nasebohren, dass nicht unterlassen werden kann und zu sichtbaren Folgen führt (z.B. Nasenbluten; Verletzungen der Nasenscheidewand sowie der Schleimhäute), liegen bei 1,4 Prozent der Bevölkerung im Laufe des Lebens vor (Moritz et al., 2023a).
Literatur
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Christenson, G. A., Mackenzie, T. B. & Mitchell, J. E. (1991). Characteristics of 60 adult chronic hair pullers. The American Journal of Psychiatry, 148(3), 365–370. https://doi.org/10.1176/ajp.148.3.365
Deǧtrmenci, E., I̊pek, M., Kiroǧlu, Y. & Oǧuzhanoǧlu, A. (2011). Wallenberg Syndrome following neck cracking: a case report. European Journal of Physical and Rehabilitation Medicine, 48(1), 167–168. https://europepmc.org/article/med/21508912
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